Projektdarstellung
Ausschnitt aus Tafel XLII, Vue du Cayambe, in: Humboldt, Alexander von ([1810-]1813): Vues des Cordillères et monumens des peuples indigènes de l'Amérique. Paris: Schoell

Wissenschaft aus der Bewegung
Alexander von Humboldt hat über einen Zeitraum von 70 Jahren eigene (und fremde) Reiseprojekte konzipiert, gefördert, durchgeführt, reiseliterarisch dargestellt und wissenschaftlich ausgewertet. Auf seinen eigenen Reisen - vor allem durch die Amerikas, Russland, Spanien, und Italien - führte er konsequent Reisetagebücher bzw. Reisejournale, die in einzigartiger Weise seine Arbeitsweise und Wissensorganisation dokumentieren. Diese Aufzeichnungen verbinden Beschreibungen des Reiseverlaufs mit Messergebnissen, literarischen Reiseskizzen, wissenschaftlichen Essays, Laborprotokollen, Zeichnungen und Skizzen, Gutachten und Exzerpten, die für die Wissenschaftsgeschichte, Philologie, Geschichtswissenschaft, Kulturgeschichte, Anthropologie, Klimatologie, Geophysik, Vulkanologie, Religionsgeschichte, Kunstgeschichte, Ökonomie und nicht zuletzt Ökologie von höchster Aktualität sind.

 

Ziele und Aufgaben
Die Hauptaufgabe des Vorhabens besteht in der vollständigen Herausgabe der Reisetagebücher der zwei großen Reisen Humboldts durch die Amerikas und Russland sowie weiterer Reisen insbesondere nach England, Südfrankreich, Spanien und Italien. Von überragender Bedeutung sind gerade bei den beiden transkontinentalen Reisen die bislang fast völlig unberücksichtigt gebliebenen literarischen Reiseskizzen, Messergebnisse, Laborprotokolle, wissenschaftlichen Essays und Exzerpte, die einen noch nicht gehobenen Schatz transdisziplinär vernetzter Erkenntnisse an der Schnittstelle von Kultur- und Naturwissenschaften darstellen.

Ziel des Forschungsprojektes ist die erstmalig vollständige, historisch-kritische Edition dieses Quellenmaterials, an dem Humboldt auch nach den Reisen wie an einem lebenslangen „Projekt Reisetagebücher“ unablässig weitergearbeitet hat. Die Edition soll durch die Herausgabe derjenigen ausgewählten Briefwechsel Humboldts abgerundet werden, die innerhalb seines weltweiten wissenschaftlichen Netzwerks mit den Forschungsreisen in unmittelbarer Beziehung stehen und zusätzliche Perspektiven eröffnen.

Erst die beabsichtigte Edition ermöglicht eine text- und wissenschaftsgeschichtlich adäquate Analyse der Humboldt’schen Veröffentlichungen, da die Reisetagebücher nicht nur die lebenslange Grundlage der Textausarbeitung des Reiseberichtes bildeten, sondern in vielfältiger Weise für die Entfaltung seines amerikanischen Reisewerks (1805-1838) insgesamt sowie der Asie centrale (1843) oder des Kosmos (1845-1862) von Humboldt herangezogen wurden.

Projektdarstellung
Ansicht der Heftbindung. Humboldt, Alexander von ([1798-1802, 1805]): II et VI. Voyage a Caripe 1799. Staatsbibliothek zu Berlin-PK, Nachl. Alexander von Humboldt (Tagebücher) II und VI.

Korpus und Laufzeit
Die neun Bände seiner Amerikanischen Reisetagebücher, seit Ende 2013 Eigentum der Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, ließ Humboldt gegen Ende seines Lebens neu binden (3442 S.). Sie umfassen seitdem u. a. die 49 Blatt mit Aufzeichnungen zur Reise durch Italien. Hinzu kommen die drei Handschriftenkonvolute zur russischen Reise (806 S.). Umgekehrt enthält der Nachlass in Berlin und Krakau das Spanien- und Kubatagebuch sowie Abschnitte aus der Reise durch Neuspanien (Mexico). Der Nachlass ergänzt und vervollständigt die Edition der Reisetagebücher. Als weitere Dimension muss die Korrespondenz herangezogen werden, die Humboldt im Zusammenhang mit der Planung, Durchführung, Darstellung und Auswertung der eigenen Reisen führte.

Die Editions- und Forschungstätigkeit im Vorhaben AvH-R wird von drei Editoren durchgeführt, wobei eine Laufzeit von 18 Jahren (2015-2032) geplant ist. Für die Edition der Reisetagebücher sind 11 Bände veranschlagt, für die Edition der Themenschwerpunkte aus Nachlass und Korrespondenz 5 Bände. Alle edierten Texte sollen als Hybrid-Projekt sowohl im Druck als auch digital erscheinen.

 

Geschichte der Alexander von Humboldt-Forschung an der Akademie


Die Alexander von Humboldt-Kommission
Im Jahre 1956 wurde von der damaligen Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin mit Blick auf Alexander von Humboldts 100. Todestag im Jahre 1959 die international zusammengesetzte Alexander-von-Humboldt-Kommission gegründet. Ihr erster Vorsitzender war der Geophysiker Hans Ertel (1904-1971). Unter seinen Nachfolgern ist der Ornithologe Erwin Stresemann (1889-1972) hervorzuheben. Von den Mitgliedern der Kommission, zu deren Aufgaben die Entwicklung eines langfristigen Arbeitsprogramms gehörte, ist besonders der Geographiehistoriker und Humboldtforscher Hanno Beck (Bonn) zu nennen. Die Kommission bestand bis 1970. Ihr Sekretär war Fritz G. Lange (1905-1993). 

Projektdarstellung
Blätter 11r-13r aus: Humboldt, Alexander von ([1801-1802]): VII a et b
Rio de la Magdalena - Bogota - Quindiù - Popayan - Quito. Staatsbibliothek zu Berlin-PK, Nachl. Alexander von Humboldt (Tagebücher) VII a/b.

Alexander von Humboldt-Forschungsstelle

1958 wurde der Kommission eine Arbeitsstelle unterstellt, in der Kurt-R. Biermann (1919-2002) als wissenschaftlicher Arbeitsleiter wirkte. 1970 erhielt diese Einrichtung den Namen Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle. Sie wurde bis 1984 von Kurt-R. Biermann und anschließend bis 1990 von Horst Fiedler (1928-1990) geleitet. Bis Juli 2000 leitete Christian Suckow die Forschungsstelle. Dessen Nachfolger war für eine Überganszeit Ingo Schwarz. Ab August 2002 war die Leitung der Forschungsstelle mit einer Akademieprofessur verknüpft. Auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages zwischen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Technischen Universität Berlin wurde der Wissenschaftshistoriker Eberhard Knobloch zum ersten Akademieprofessor in Deutschland berufen und leitete fortan die Forschungsstelle.

Am 31. Dezember 2014 wurde die zum Zentrum Preußen – Berlin gehörende Arbeitsstelle Alexander-von-Humboldt-Forschung planmäßig geschlossen. Seit 1968 waren in der Reihe „Beiträge zur Alexander-von-Humboldt-Forschung“ 20 Bände mit Briefwechseln, sechs Tagebucheditionen, zwei Bibliographien, fünf Monographien und vier Bände mit Aufsätzen erschienen. Die Forschungsstelle publizierte zahlreiche kürzerer Beiträge in der Reihe „Berliner Manuskripte zur Alexander-von-Humboldt-Forschung“ und war Mitherausgeberin der Internationalen Zeitschrift für Humboldt-Studien HiN – Humboldt im Netz (ISSN 1617-5239, bisher 29 Hefte).

Die Sammlungen der Arbeitsstelle sind bis heute das weltweit reichste Archiv mit Materialien von und über A. v. Humboldt.

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Dr. Tobias Kraft
Arbeitsstellenleiter
Alexander von Humboldt auf Reisen - Wissenschaft aus der Bewegung
Tel.: +49 (0)30 20370 316
kraft@bbaw.de 
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