Die ehemalige Leibniz-Edition der Preußischen Akademie

Zur Geschichte der Edition
Wenn man Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) kurz charakterisieren möchte, bezeichnet man ihn gerne als das letzte Universalgenie. In der Tat verband sich in seiner Person universale Gelehrsamkeit mit dem kritisch-forschenden Geist der Aufklärung. So war er nicht nur auf fast allen Gebieten des damaligen Wissens zuhause, sondern hat auch auf mehreren von ihnen maßgeblich zum Fortschritt der Wissenschaft beigetragen.

 

Während Leibniz zu seinen Lebzeiten vergleichsweise wenig veröffentlicht hat, blieb durch glückliche Umstände sein gewaltiger Schriftnachlass fast vollständig erhalten. Die nachgelassenen Papiere blieben jedoch lange Zeit unbekannt und unzugänglich und die im 19. Jahrhundert unternommenen Anläufe zu ihrer Edition blieben Stückwerk. Was aus seinem Werk veröffentlicht worden war, musste aus hunderten von Einzelpublikationen zusammengesucht werden.

 

In dieser Situation beauftragte die Association internationale des Académies im Jahre 1901 die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin sowie die Académie des sciences und die Académie des sciences morales et politiques mit der historisch-kritischen Gesamtausgabe der in über 60.000 Textzeugen überlieferten Briefe und Schriften von G. W. Leibniz. Die Zusammenarbeit der drei Akademien fand schon bald durch den Ersten Weltkrieg ein Ende. Die Preußische Akademie führte das Projekt allein weiter. Die Leitung der Leibniz-Edition wurde Paul Ritter anvertraut. Nach jahrzehntelangen Vorarbeiten konnte 1923 der erste Band der Ausgabe Gottfried Wilhelm Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe (Akademie-Ausgabe) erscheinen.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Projekt von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin weitergeführt. Als sich in den folgenden Jahren der Hauptteil der Editionsarbeit in den Westen verlagerte, wurde die Ausgabe in innerdeutscher Zusammenarbeit weitergeführt. 1956 gründete der langjährige Mitarbeiter der Edition, Erich Hochstetter, die Leibniz-Forschungsstelle in Münster/Westfalen, wo seitdem die philosophischen Briefe und Schriften (Reihen II u. VI der Akademie-Ausgabe), ediert werden.

 

Nach dem Mauerbau 1961 verließ auch der Leiter der Berliner Arbeitsstelle, Kurt Müller, die Stadt und erhielt 1962 in Hannover an der Niedersächsischen Landesbibliothek (heute Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek) die Möglichkeit, in dem neu gegründeten Leibniz-Archiv den allgemeinen, politischen und historischen Briefwechsel (Reihe I) zu bearbeiten. Später übernahm das Leibniz-Archiv auch die mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen Briefe und die mathematischen Schriften (Reihen III und VII).

 

Damit war der Berliner Arbeitsstelle nur noch die Edition der politischen Schriften (Reihe IV) aufgegeben. Nach der deutschen Vereinigung und der Neukonstituierung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) wurde die Berliner Editionsstelle in das Akademienprogramm des Bundes und der Länder aufgenommen und nach Potsdam umgesiedelt. 2019 übernahm die Potsdamer Editionsstelle den Auftrag, mit der Bearbeitung der Reihe V (Sprachwissenschaftliche und Historische Schriften) zu beginnen und die letzte Lücke der Ausgabe zu schließen.

Im Jahre 2001 richtete die BBAW in Berlin eine weitere Editionsstelle ein, der die Bearbeitung der naturwissenschaftlichen, medizinischen und technischen Schriften (Reihe VIII) aufgetragen wurde.

 

Zu den Reihen IV (Politische Schriften) und V (Sprachwissenschaftliche und Historische Schriften)

Leibniz´ vielfältige Tätigkeiten im Dienste seines Landesherrn, aber auch für andere Fürsten, den Kaiser und den Zaren – und vor allem, wie er es formuliert hätte: im Interesse des Gemeinwohls – schlägt sich in der von der Leibniz-Edition Potsdam bearbeitet Reihe IV nieder. Neben Schriften zu Rechts- und Staatswesen, zur Politik der deutschen Territorien, des Reiches und der europäischen Mächte, zur Kirchenpolitik, zu Russland und China werden auch Stücke ediert, die – modern gesprochen – eher den Bereichen der Kultur- und Bildungspolitik zuzuordnen sind, im weiteren Sinne gehören hierzu auch die Gedichte von Leibniz. Insgesamt 15 Bände sind geplant.

 

Im Jahre 1685 hatte Leibniz den Auftrag erhalten, eine Geschichte des Welfenhauses zu verfassen. Die Reihe V wird neben den monumentalen Annales imperii occidentis Brunsvicenses (dem unvollendeten Hauptwerk aus dieser Tätigkeit) nicht nur zahlreiche kleinere und größere Ausarbeitungen vor allem zur Erdgeschichte, zur Vor- und Frühgeschichte und zum Mittelalter, aber auch zur Sprachgeschichte enthalten, sondern auch die dazugehörigen Vorarbeiten (Marginalien, Exzerpte und Notizen auf mehreren Tausend Zetteln und Schnipseln), die einen einmaligen Einblick in die Praxis frühneuzeitlicher Gelehrsamkeit ermöglichen. Für diese Reihe wird vorläufig mit acht Bänden gerechnet.

 

Zur Publikation

Die Veröffentlichung erfolgt parallel in Buchform und kostenfrei im Internet unter www.leibnizedition.de .

Kontakt
Prof. Dr. Wenchao Li
Arbeitsstellenleiter
Leibniz-Edition - Arbeitsstelle Potsdam
Tel.: +49 (0)331 2796 123
li@bbaw.de 
Am Neuen Markt 8
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