AKADEMIENTAG 2009
In den Netzen der Sprache

27. Mai 2009

Akademiegebäude am Gendarmenmarkt, Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin

AKADEMIENTAG 2009: In den Netzen der Sprache

Unter dem Motto "In den Netzen der Sprache" lädt die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften Interessierte aller Altersstufen ein, gemeinsam die Freiheit und die Fesseln der Sprache zu erforschen. Denn: Ob wir virtuos mit ihr umgehen können oder nachlässig sind, ob wir ihre Schönheit schätzen oder ihre Unzulänglichkeiten beklagen – die Sprache prägt unser Denken und Fühlen, wir sind unentrinnbar in ihren Netzen verstrickt.

 

Wie sehr Sprache unsere Vorstellung von der Welt, die Vermittlung von Bildung und Wissen sowie die Verständigung der Menschen untereinander bestimmt, wollen die acht in der Akademienunion zusammengeschlossenen Wissenschaftsakademien am 27. Mai zeigen. An ihrem Akademientag 2009 laden sie Schüler, Lehrer und weitere Wissbegierige zu Vorträgen, Diskussionen, Workshops, Demonstrationen zum Mitmachen, Ausstellungen und einem Schülerwettbewerb in das Gebäude der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt, Jägerstraße 22-23, ein. Es beginnt um 13 Uhr. Interessierte sind herzlich willkommen; Gruppen müssen sich allerdings unbedingt anmelden bei Myriam Hönig unter E-Mail hoenig@akademienunion-berlin.de .

 

Auf die Gäste warten spannende Informationen: Während Prof. Bernard Comrie der Frage nachgeht, ob die deutsche Sprache Strukturen enthält, die europa- bzw. weltweite Normen zu sprengen drohen, wendet sich Prof. Helmut Henne der Jugendsprache und ihrem kreativen Potential zu. Prof. Heike Wiese erörtert, ob Kiezdeutsch die deutsche Sprache bedroht, und Prof. Angelika Storrer widmet sich der Chat-Sprache. Prof. Angela Friederici möchte mit Interessierten in das Gehirn spazieren und nachschauen, wo die Sprache eigentlich sitzt, während sich Prof. Julia Fischer der Sprache der Tiere widmen und feststellen wird, ob wir äffisch sprechen können. Ihr folgen auf dem Gebiet der Tiersprachen (Heu-)Schreckliche Liebeslieder von Prof. Norbert Elsner, bevor es mit Prof. Günter M. Ziegler in die Sprache der Formeln gehen soll mit dem Versuch, das Unausdrückbare zu benennen. Unausdrückbar scheint für viele auch der religiöse Glaube zu sein; das ist der Punkt, an dem Prof. Friedrich Wilhelm Graf ansetzen und erörtern möchte, ob die Frommen in ihren Symbolsprachen eine angemessene Vorstellung von Gott erzeugen können.

 

Begleitet werden die Vorträge und Diskussionen von einem bunten Rahmenprogramm, das einen kleinen Einblick in die Forschungswelten der in der Union zusammengeschlossenen Wissenschaftsakademien geben soll: Interessierte können von den Sprachbildern Altägyptens zur Ortsnamenforschung als einer geradezu kriminalistischen Wissenschaft wandern; sie können erfahren, woher ihr Familienname kommt, oder einen Schnupperworkshop zur Gebärdensprache besuchen. Schüler schließlich erwartet der Wettbewerb „Sprachspione“ mit vielen attraktiven Preisen – und das sind nur einige der Möglichkeiten, die der Akademientag 2009 bietet.


PROGRAMM LEIBNIZ-SAAL:

Aus der Werkstatt der Sprache


13.00 Uhr:

Eröffnung und Begrüßung

 

13.15 Uhr:

Deutsch – und die anderen Sprachen der Welt

Prof. Bernard Comrie

Direktor des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, Leipzig, Dist. Prof. of Linguistics, University of California Santa Barbara

Inwiefern ist Deutsch eine typische Sprache im Vergleich mit den anderen Sprachen der Welt? Enthält die deutsche Sprache Strukturen, die europa- bzw. weltweite Normen zu sprengen drohen? Wussten Sie, dass die Relativsatzkonstruktion des Deutschen für Europa sehr normal, aber außerhalb Europas fast nirgends auf der Welt zu bezeugen ist?

 

14.15 Uhr:

„Das flasht mich einfach derbe…“: Jugendsprache und deren kreatives Potential

Prof. Helmut Henne

Prof. für Deutsche Sprache und Literatur, TU Braunschweig

Eine radikal-empirische Lektion zum jugendlichen Sprechen. Seit den 80er Jahren ist die Jugendsprache zwar unter wissenschaftlicher Beobachtung. Beim Akademientag in Berlin sollen allerdings die Jugendlichen selbst den Ton angeben.

 

15.15 Uhr:

Bedroht Kiezdeutsch die deutsche Sprache? Missverständnisse und Vorbehalte gegenüber einem neuen Dialekt

Prof. Heike Wiese

Prof. für Deutsche Sprache der Gegenwart, Universität Potsdam

Jugendsprachen werden häufig gesellschaftlich kritisiert, und das gilt auch für Kiezdeutsch. Anders als herkömmliche Jugendsprachen wird Kiezdeutsch jedoch oft als reduziertes, „gebrochenes“ Deutsch angesehen. Heike Wiese diskutiert diese und ähnliche Missverständnisse und zeigt, dass Kiezdeutsch das Spektrum des Deutschen um einen neuen, multiethnischen Dialekt erweitert.

 

16.15 Uhr:

Chat-Sprache: Wie verändern neue Schreibformen im Internet die Sprache?

Prof. Angelika Storrer

Prof. für Linguistik der deutschen Sprache und Sprachdidaktik, Universität Dortmund

E-Mails, Foren, Chats, Instant Messaging verändern den Umgang mit der Schriftsprache. Besonders augenfällig ist dies am Beispiel von Chats, bei denen Nutzer in raschem Wechsel getippte Botschaften austauschen und sich dabei am sprachlichen Duktus der mündlichen Umgangssprache orientieren. Angelika Storrer erläutert ausgewählte sprachliche Besonderheiten, wie z.B. Smileys, Kurzformen (lol, CU) sowie Aktionswörter (*wink*,*seufz*) und zeigt anhand von Videoaufzeichnungen, wie sie in Freizeit, Bildung und den Medien verwendet werden.

 

17.15 Uhr:

Wo im Kopf ist die Sprache?

Prof. Angela Friederici

Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig

Sprache muss eigentlich im Kopf sein, denn wer eine schwere Kopfverletzung hat, kann häufig nicht mehr richtig sprechen. Manch anderer aber kann trotz einer Kopfverletzung sprechen. Ein "schlauer Kopf" würde hieraus schließen: Sprache ist zwar im Kopf, aber nicht an jeder Stelle. Wir werden beim Akademientag 2009 einfach in das Gehirn spazieren und nachschauen, wo die Sprache sitzt...

 

 

PROGRAMM EINSTEIN-SAAL

Die Grenzen der natürlichen Sprache

 

13.15 Uhr:

Die Sprache der Tiere I: „Sprechen Sie äffisch?“

Prof. Julia Fischer

Prof. für Kognitive Ethologie, Universität Göttingen, Leiterin der gleichnamigen Forschungsgruppe am Deutschen Primatenzentrum

Welche Informationen tauschen Affen mittels ihrer Laute aus, und was mittels ihrer Gesten und Grimassen? Haben Affen so etwas wie eine Sprache? Und warum interessiert uns das eigentlich so sehr? Julia Fischer wird den Fragen rund um die Kommunikation unserer haarigen Vettern nachgehen und zeigen, welche Gemeinsamkeiten, aber auch welche Unterschiede es zwischen „Äffisch“ und „Menschisch“ gibt. 

 

14.15 Uhr:

Die Sprache der Tiere II: (Heu-)Schreckliche Liebeslieder

Prof. Norbert Elsner

Prof. für Zoologie und Anthropologie, Universität Göttingen

Wer erhört werden will, muss reden – aber Worte allein reichen oft nicht aus. Merkwürdigerweise sind Liebeslieder bei Tieren häufiger zu finden als beim Menschen. Grillen und Heuschrecken tun sich hier ganz besonders hervor – ein schönes Beispiel für die Entwicklung einer musikalischen Sprache, entstanden unter dem Druck der von den Weibchen ausgehenden sexuellen Selektion.

 

15.15 Uhr:

Das Unausdrückbare benennen: Die Sprache der Formeln

Prof. Günter M. Ziegler

Prof. für Mathematik, TU Berlin

Warum schreiben Mathematiker "f'(t)<0", wenn sie sagen wollen, "es geht abwärts?". Und wenn sie schreiben "x^n + y^n = z^n", kann man das auch "auf Deutsch" ausdrücken, oder sind wir da schon beim Unausdrückbaren? Wie „sprechen Bilder“ in der Mathematik, und was „sagen Formeln“? Das diskutiert Günter M. Ziegler - auch anhand von Beiträgen zum Mathematik-Cartoonwettbewerb 2008 der Deutschen Mathematiker-Vereinigung.

 

 

16.15 Uhr:

Das Unausdrückbare benennen: Kann unsere Sprache religiösen Glauben ausdrücken?

Prof. Friedrich Wilhelm Graf

Prof. für Systematische Theologie, LMU München

In allen monotheistischen Religionen, also in Judentum, Christentum und Islam, sind immer heftige Auseinandersetzungen darüber geführt worden, inwieweit menschliche Sprache Gott oder das Absolute überhaupt angemessen zu erfassen vermag. In manchen religiösen Überlieferungen gilt gerade das nachdenkliche Schweigen als wichtigstes Medium der Artikulation von Gotteserfahrung. Darum soll es im Vortrag gehen: Können die Frommen in ihren Symbolsprachen eine angemessene Vorstellung von Gott erzeugen?

 

 

Weitere Informationen:

Myriam Hönig

Tel. 030/80 49 88 92

hoenig@akademienunion-berlin.de 

www.akademienunion.de 

Veranstaltungszeitraum:

13.00-18.00 Uhr

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