Fünf neue Mitglieder der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

02.07.2010 | BBAW/PR-13/2010

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hat auf ihrer Mitgliederversammlung am 2. Juli 2010 fünf neue Mitglieder gewählt: Thomas Carell, Thomas Elsässer, Jörg Hacker, Gertrude Lübbe-Wolff und Wendelin Werner. Zum Mitglied kann berufen werden, wer sich durch wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet hat. Die zugewählten Mitglieder werden werden auf der Festsitzung zum Leibniztag am Samstag, 3. Juli 2010, im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, vorgestellt.

Fünf neue Mitglieder der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Fünf neue Mitglieder der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hat auf ihrer Mitgliederversammlung am 2. Juli 2010 fünf neue Mitglieder gewählt: Thomas Carell, Jg. 1966, Bioorganische Chemie, Thomas Elsässer, Jg. 1957, Physik, Jörg Hacker, Jg. 1952, Biologie, Gertrude Lübbe-Wolff, Jg. 1953, Rechtswissenschaften, Wendelin Werner, Jg. 1968, Mathematik. Zum Mitglied kann berufen werden, wer sich durch wissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet hat. Die zugewählten Mitglieder werden auf der Festsitzung zum Leibniztag am Samstag, 3. Juli 2010, im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, vorgestellt.

Damit gehörten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften 167 Ordentliche und 76 emeritierte Ordentliche Mitglieder sowie 68 Außerordentliche Mitglieder an. 33 Mitglieder sind Frauen. Die Akademie wählt ihre Mitglieder aus allen Wissenschaftsgebieten, aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus dem Ausland.

 

Im Folgenden finden Sie ausführlichere biographische Hinweise zu den neu gewählten Mitgliedern:


Thomas Carell
Jg. 1966, Bioorganische Chemie
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Ordentliches Mitglied
Thomas Carell, Jg. 1966, studierte Chemie in Münster und Heidelberg. Er promovierte 1993 am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg, weilte 1993 bis 1995 als Postdoc am MIT in Cambridge und ging anschließend als Junior-Gruppenleiter an das Laboratorium für Organische Chemie der ETH Zürich (1995-2000), wo er 1998 habilitierte. Von 2000 bis 2004 war er Professor für Organische Chemie an der Philipps-Universität Marburg, 2004 wurde er an die Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. Er initiierte das Exzellenz-Cluster Center for Integrated Protein Science Munich (CiPSM), ist seit 2006 deren Sprecher und leitet den von ihm mit begründeten Sonderforschungsbereich 749 „Dynamik und Intermediate molekularer Transformationen“. Seit April 2009 ist er Vizepräsident der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nationale und internationale wissenschaftliche Auszeichnungen (darunter 2004 der Leibniz- Preis der DFG), Mitgliedschaften (darunter in der Jungen Akademie 2000-2005 und in der Leopoldina) und Vortragseinladungen zeugen von Thomas Carells hoher wissenschaftlicher Reputation. Er ist Visiting Professor am Technion (Haifa, Israel), an der Consiglio Nazionale delle Ricerche in Bologna und war 2008 als Gastprofessor an der ANU, Canberra, Australien. Seine Arbeiten werden u.a. in Nature und Science publiziert.

Thomas Carell gehört international zu den profiliertesten und erfolgreichsten bioorganischen Chemikern. Seine Arbeiten auf dem Gebiet der Chemie von DNAReparaturprozessen haben weltweit für größtes Aufsehen gesorgt. DNA-Reparaturprozesse sind von immenser Bedeutung für alle Organismen. Ineffiziente Reparatur des menschlichen Genoms führt u.a. zu Mutagenese, spontaner Krebsentstehung und ist letztlich auch für den Alterungsprozess verantwortlich. Durch biophysikalische Messungen gewann Thomas Carell frühzeitig neue Einblicke in den Reparaturmechanismus von UV-induzierten Photoschäden an der DNA. Durch die Untersuchung von Elektronentransferprozessen in DNA gelang es seiner Gruppe, den Mechanismus des Elektronenüberschusselektronen-Transfers aufzuklären, Ergebnisse, die die Grundlage der Forschungen weltweit führender Gruppen bilden. Die Arbeitsgebiete Modellverbindungen, Elektronentransfer in DNA sowie DNA-Reparatur werden von seiner Arbeitsgruppe an der MLU auf höchstem Niveau bearbeitet. 2008 gelang es, weitgehend unbekannte Mechanismen eines DNA-Reparaturenzyms mit Hilfe der Struktur und biochemischer Untersuchungen aufzuklären. Durch die Anwendung neuer Synthese-methoden auf die DNA-Chemie konnte die sogenannte Click-Chemie so modifiziert werden, dass mit ihr nunmehr ein verlässliches Tool zur DNA-Modifizierung zur Verfügung steht – ein spektakuläres Ergebnis, das gemeinsam mit der BASF SE zur Gründung der von Thomas Carell geleiteten start-up-Firma baseclick GmbH führte.



Thomas Elsässer
Jg. 1957, Physik
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Ordentliches Mitglied
Thomas Elsässer, Jg. 1957, studierte Physik in Heidelberg und München. Er promovierte 1986 an der TU München und war dort anschließend bis 1993 als Akademischer Rat und Oberrat am Physik Department tätig. 1990 weilte er zu einem Forschungsaufenthalt bei AT&T Bell Laboratories, Holmdel, USA. 1991 erfolgte die Habilitation. Seit 1993 ist er Direktor am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Berlin, und seit 1994 Professor für Experimentalphysik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Über 360 Publikationen in referierten Zeitschriften und Büchern (darunter in Nature, Science und Pys. Rev. Letters), sechs Patente und mehr als 250 Einladungen zu Vorträgen und Vorlesungen belegen sein international beachtetes wissenschaftliches Werk, das mit renommierten Preisen wie dem Otto-Klung-Preis für Physik (1995) oder Auszeichnungen wie dem „Professeur invité“ der Ecole Normale Supérieure in Paris (2004) und dem „Fellow of the Optical Society of America“ (seit 2009) gewürdigt wurde. Er ist Mitglied zahlreicher internationaler Gremien und Beiräte.

Thomas Elsässer ist einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Ultrakurzzeitspektroskopie und hat bahnbrechende Arbeiten zur Erzeugung und Anwendung ultrakurzer Lichtimpulse für die Untersuchung der Dynamik von kondensierter Materie vorgelegt. Seine Untersuchungen konzentrieren sich auf die Physik von Festkörpern, Flüssigkeiten und (bio)molekularen Systemen, mit Grenzüberschreitungen zur Chemie und Biophysik, in denen Prozesse im Piko- bis Femtosekundenbereich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Er hat hierfür eine Reihe neuer Lichtquellen und Messverfahren entwickelt, die einen sehr breiten Spektralbereich vom Infrarot bis zu Röntgenwellenlängen abdecken und mit denen er eine Fülle von Einsichten in fundamentale physikalische Prozesse begründen konnte. Hierzu gehören das Verständnis der Ladungsträgerdynamik in Halbleitern und Halbleiter-Nanostrukturen, das für den weiteren Fortschritt der Mikroelektronik von entscheidender Bedeutung ist, das Verständnis der Dynamik von Wasserstoffbrückenverbindungen, einem wesentlichen Strukturelement molekularer Flüssigkeiten und biologischer Makromoleküle, sowie die direkte Beobachtung transienter Strukturänderungen, deren Ergebnisse vor allem auch im Kontext der Anstrengungen beim Aufbau von „Free Electron Lasern“ von besonderem Interesse sind. Er ist national und international in zahlreiche wissenschaftliche Kooperationen eingebunden und hat als Sprecher des DFG-Schwerpunkts SPP 1134 maßgeblich am Aufbau eines wichtigen Teilgebietes seines Fachs mitgewirkt.



Jörg Hacker
Jg. 1952, Biologie
Biowissenschaftlich-medizinische Klasse, Ordentliches Mitglied
Jörg Hacker, Jg. 1952, studierte Biologie an der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale, wo er 1979 promovierte. Von 1980 bis 1988 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg und habilitierte hier 1986. 1988 nahm er in Würzburg einen Ruf als Professor für Mikrobiologie, 1993 als Professor für Molekulare Infektionsbiologie an. Forschungsaufenthalte führten ihn an das Institut Pasteur, Paris (2000, 2005). 2006 weilte er als Gastprofessor am „Sackler Institute for Advanced Studies“ in Tel Aviv. 2008 wurde er als Präsident an das Robert-Koch-Institut, Berlin, berufen, seit Frühjahr 2010 ist er Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften. Er ist Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler wissenschaftlicher Beiräte und Gremien der wissenschaftlichen Selbstverwaltung und war langjährig Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seine wissenschaftlichen Leistungen wurden mit vielen international renommierten Preisen, Ehrenmitgliedschaften, Ehrendoktorwürden und Mitgliedschaften in Akademien und namhaften Wissenschaftlergesellschaften gewürdigt.

Hackers Forschungsschwerpunkte sind die Molekulare Analyse von Krankheitserregern, insbesondere Salmonellen und Escherichia coli, die Ausbreitung und Variabilität von pathogenen Mikroorganismen sowie ihre Wechselwirkungen mit Wirtszellen. Sein Labor gehörte zu den ersten, das die molekulare Architektur von bakteriellen Haftfaktoren aufklärte, und es war das erste, das die sogenannten „Pathogenitätsinseln“ – große Genregionen, die Gene tragen, welche Krankheitsfaktoren kodieren – beschrieb, eine Entdeckung, die in den 90er Jahren in ein generelles Konzept zur Basis der mikrobiellen Pathogenität integriert wurde. Und auch die erstmalige Beschreibung eines neuen Genclusters, das für die Synthese eines kleinen Moleküls in Enterobakterien verantwortlich ist – einer Substanz, die eine Schlüsselrolle bei der Interaktion zwischen Mikroben und eukaryontischem Gewebe spielt – geht auf die Gruppe um Jörg Hacker gemeinsam mit Würzburger Kollegen zurück. Neben der Charakterisierung von Strukturgenen, deren Produkte in Krankheitsprozessen eine Rolle spielen, befasst er sich mit der Genregulation in verschiedenen pathogenen Mikroben. Er studiert die Interaktion von Legionellen mit Wirtszellen und hat Experimente von genereller Bedeutung für die Etablierung von genetisch manupulierbaren Wirtssystemen in der Pathogenitätsforschung eingeführt. Er ist maßgeblich an der wissenschaftsbasierten öffentlichen Debatte zu aktuellen ethischen Fragen wie denen zur Stammzellforschung, zur Biomedizin und zur Ethik der Wissenschaft beteiligt.



Gertrude Lübbe-Wolff
Jg. 1953, Rechtswissenschaften
Sozialwissenschaftliche Klasse, Ordentliches Mitglied
Gertrude Lübbe-Wolff, Jg. 1953, studierte Rechtswissenschaften in Bielefeld, Freiburg und an der Harvard Law School und absolvierte eine Referendarsausbildung in Freiburg, wo sie 1980 promovierte. Von 1979 bis 1987 war sie als Wissenschaftliche Assistentin bzw. Hochschulassistentin in Bielefeld, habilitierte hier 1987 und erlangte die venia legendi für die Fächer Öffentliches Recht, Verfassungsgeschichte der Neuzeit und Rechtsphilosophie. 1988 bis 1992 leitete sie das Umweltamt der Stadt Bielefeld und folgte 1992 dem Ruf auf die Professur für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld. Von 1996 bis 2002 war sie geschäftsführende Direktorin des Zentrums für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld, 2000 bis 2002 Vorsitzende des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen. Seit April 2002 ist sie Richterin des Bundesverfassungsgerichts. Im Jahre 2000 wurde sie mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. Sie ist Mitglied in verschiedenen Fachgremien und Redaktionsbeiräten.

Gertrude Lübbe-Wolff gehört zu der kleinen Spitzengruppe deutscher Rechtswissenschaftler, deren Arbeit über das eigene Fach hinaus ausstrahlt. Mit ihrer Dissertation über Rechtsfolgen und Realfolgen (Freiburg 1981) hat sie sich als innovative Rechtstheoretikerin, mit ihrer Habilitation über die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte (Baden-Baden 1988) als scharfsinnige Dogmatikerin des Verfassungsrechts erwiesen. Ihr verwaltungsrechtliches Spezialgebiet, das Umweltrecht, verdankt ihr wesentliche Impulse. Ihre Veröffentlichungen auf diesem Gebiet – unter anderem zu Grundwasserbelastung durch CKW, zur Modernisierung des Umweltordnungsrechts, zu Instrumenten des Umweltrechts und zu Recht und Moral im Umweltschutz - profitieren von den Erfahrungen aus ihrer Zeit im Bielefelder Umweltamt. Rechtsphilosophie, Rechtsgeschichte und Rechtssoziologie sieht sie nicht isoliert von einander – es geht ihr vielmehr um eine den politisch-sozialen Kontext einbeziehende Philosophiebetrachtung, um eine nicht ideenblinde Analyse des Rechts und der Rechtsgeschichte und um Aufklärung über den Zusammenhang von Moral und rechtlichen Institutionen. Arbeiten zur Hegelschen Rechtsphilosophie (u.a. in Zeitschrift für philosophische Forschung 1981) und zum Staatsrecht des römisch-deutschen Reichs (in Der Staat 1984) liegen an der Schnittstelle von Rechtsphilosophie und -geschichte. In zahlreichen Arbeiten hat sie sich mit der Internationalisierung des Rechts und dem Verfassungsrecht der Europäischen Union, mit Fragen der Integration und mit der Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit befasst.



Wendelin Werner
Jg. 1968, Mathematik
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Ordentliches Mitglied
Wendelin Werner, Jg. 1968, gebürtiger Deutscher und seit 1977 französischer Staatsbürger, studierte Mathematik an der Ecole Normale Supérieure in Paris, promovierte 1993 an der Université Paris VI und weilte anschließend bis 1995 als Postdoc in Cambridge. Von 1991 bis 1997 war er Chargé de Recherche am Centre national de la recherche scientifique (CNRS). Bereits 1997 wurde er als Professor an die Université Paris-Sud berufen, seit 2005 ist er zugleich Professor an der Ecole Normale Supérieure. Zahlreiche hochrangige internationale Auszeichnungen, darunter der Fermat-Preis (2001), der Loève-Preis (2005) und die Fields-Medaille (2006), ebenso die Mitgliedschaft in der französischen Akademie der Wissenschaften, aber auch eine Vielzahl eingeladener Vorträge auf namhaften internationalen Kongressen belegen seine weltweite Anerkennung als herausragender Mathematiker. Er ist Mitherausgeber einer Reihe von Fachzeitschriften.

W. Werners Hauptarbeitsgebiet ist die Wahrscheinlichkeitstheorie. Er befasst sich unter Anderem mit Fragen des Grenzbereichs zwischen Mathematik und Physik – zum Beispiel mit der Brownschen Bewegung, mit sogenannten selbstvermeidenden Irrfahrten und der Theorie der Perkolation, einem mathematischen Modell der Clusterbildung. In einem großen Forschungsprogramm mit seinen Koautoren O. Schramm und G. Lawler hat er grundlegende neue Einsichten zu kritischen Phänomenen, die in physikalischen Systemen auftreten, gewonnen und damit eine faszinierende Brücke zwischen Mathematik und Physik geschlagen. Durch eine neuartige Kombination von Ideen der Funktionaltheorie und der Wahrscheinlichkeitstheorie hat er theoretische Werkzeuge entwickelt, mit denen Phasenübergänge genauer beschrieben werden können, und einen völlig neuen mathematischen Zugang gefunden, um solche Phänomene in zweidimensionalen physikalischen Systemen zu verstehen. Mit Hilfe dieses innovativen geometrischen Zugangs konnte W. Werner zahlreiche, lange offene Vermutungen für zweidimensionale Modelle beweisen.

 

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