In vielen bewaffneten Konflikten greifen Akteure nicht nur militärische Ziele an, sondern auch religiöse und kulturelle Stätten. Die Beschädigung und Zerstörung von Kulturgütern ist dabei als Teil von Konfliktstrategien zu begreifen, durch die Akteure sich einen Vorteil im Hinblick auf die von ihnen verfolgten Ziele zu verschaffen suchen. Warum, wie und mit welchem Effekt greifen staatliche und nicht-staatliche Akteure religiöse und kulturelle Stätten an? Der Vortrag beleuchtet zwei Fälle großflächiger Zerstörung von Kulturgütern der jüngeren Zeit in Westasien: die global inszenierten Gewaltakte der „ISIS“-Organisation gegen kulturelle und religiöse Stätten in Syrien und im Irak und die großflächige Zerstörung von kulturellem Erbe in Gaza durch die israelischen Streitkräfte. Im Zentrum des Vortrags von Hanna Pfeifer (Die Junge Akademie / AGYA, Universität Hamburg) steht dabei sowohl die strategische Bedeutung der Zerstörung selbst als auch die Strategien der Sichtbar- und Unsichtbarmachung von Zerstörung: Während „ISIS“ die Zerstörung bewusst für ein globales Publikum inszenierte, versucht die israelische Regierung, die sichtbaren Schäden in Gaza mit Ungewissheit zu belegen und ihre Urheberschaft abzustreiten. Im Rückgriff auf Post-Konflikt-Strategien im Umgang mit Kulturgüterzerstörung fragt der Vortrag schließlich: Wie weiter nach dieser Art von Gewaltanwendung?
Mit Hanna Pfeifer (Die Junge Akademie / AGYA, Universität Hamburg) und Akademiemitglied Michael Zürn (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung).
Es begrüßt Akademiepräsident Christoph Markschies.
Moderation: Akademiemitglied Anita Traninger (Sprecherin Jahresthema).
Eine Veranstaltungsreihe des Jahresthemas 2025 | 26 „Konflikte lösen!“ der BBAW.
Zerstören und Reparieren
Diese beiden Handlungsfelder beschreiben vergangene ebenso wie gegenwärtige Konfliktlinien und ihre möglichen Lösungsansätze in der Wissenschaft und der Gesellschaft. Sie bündeln Diskussionen über dominante Erinnerungskulturen und die Entstehung neuer wie auch alternativer Perspektiven. Es rücken damit Fragen der Gewaltanwendung und – erfahrung in den Fokus. Ebenso stellt sich die Frage nach Möglichkeiten der Vergangenheitsbewältigung und der Gestaltung der Gegenwart und Zukunft.
Diese Vorlesungen laden dazu ein, die Praktiken von Zerstörung und Reparatur aus einer kritischen und neuen Perspektive zu betrachten. Die Beiträge reflektieren die Konflikte, Auseinandersetzungen sowie mögliche Lösungsansätze. Wir interessieren uns für die Ansprüche auf Konfliktlösung, die mit diesen Praktiken jeweils verbunden werden, aber auch für die Konflikte, die dadurch an anderer Stelle möglicherweise neu aufbrechen.