Das "Griechische Münzwerk" gehört zu den Traditionsunternehmen der Berliner Akademie der Wissenschaften. Es dient in erster Linie editorischen Aufgaben und hat derzeit zum Ziel, die antiken Münzen der Münzstätten Nordgriechenlands in Form von Corpora zu erschließen und für die Publikation der numismatischen Forschungsergebnisse Sorge zu tragen. Chronologisch wird dabei ein Zeitraum von der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. erfaßt.

 

Materialsammlung

Das "Griechische Münzwerk" kann bei seiner Arbeit auf reiches eigenes Material zurückgreifen. Es besitzt einige hunderttausend Exzerpte von Münzen aus Materialsammlungen und Katalogen, die teilweise bis in die Renaissance zurückgehen, sowie über ca. 250000 Gipsabdrücke antiker Münzen vornehmlich nordgriechischer und kleinasiatischer Prägestätten, die zum Teil aus Sammlungen stammen, die heute nicht mehr existieren. Das Material steht allen Interessenten zur Verfügung.

 

Gründung

Für die Verwirklichung seiner Aufgaben standen dem Unternehmen zunächst nur freie Mitarbeiter zur Verfügung. Seit 1901 existiert bei der Akademie eine hauptamtliche Stelle, zu der 1992 eine zweite hinzukam. In den 60er Jahren wurden mit der Bulgarischen und mit der Rumänischen Akademie der Wissenschaften Verträge über Zusammenarbeit abgeschlossen. Während sich jedoch die rumänischen Kollegen lediglich mit der Bereitstellung ihres Materials begnügen, beteiligen sich die bulgarischen Kollegen aktiv an der Corpusarbeit.

Das "Griechische Münzwerk" wurde auf Betreiben Theodor Mommsens ins Leben gerufen, indem er in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts der damaligen Königlichen Akademie der Wissenschaften "eine zusammenfassende Publikation über die Münzen - ein corpus nummorum - in Anregung" brachte, "welche eine volle Ausbeute für die Wissenschaft gewähren werde." Die ersten Arbeitsverträge datieren aus dem Jahre 1888. Die Leitung übertrug man auf Empfehlung Mommsens zunächst dem Schweizer Gelehrten Friedrich Imhoof-Blumer. Ab 1956 unterstand das "Griechische Münzwerk" dem Institut für griechisch-römische Altertumskunde bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, wobei für das Unternehmen Günther Klaffenbach und Arthur Suhle bis zu deren Tod die Verantwortung trugen, und 1969-1991 war es Bestandteil des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie an der Akademie der Wissenschaften der DDR und wurde von Edith Schönert-Geiss geleitet.

Mommsens Plan, alle antiken - griechischen wie römischen - Münzen zu publizieren, war bereits zu seiner Zeit illusorisch. Obwohl das damals bekannte Material nur einen geringen Teil dessen ausmachte, was uns heute über 100 Jahre später zur Verfügung steht, so war es doch bereits so umfangreich, daß es von den wenigen Mitarbeitern in keiner Weise bewältigt werden konnte.

 

Arbeitsbeginn

Man begann als erstes mit der Edition der Münzprägung der nordgriechischen Provinzen Dakien, Moesien, Thrakien, Makedonien und Paeonien. Daß man gerade mit diesen Gebieten anfing, lag daran, daß zu ihnen bereits der vollständige Katalog der Münzsammlung im Britischen Museum in London vorlag und der Druck des Katalogs der Berliner Münzsammlung bevorstand. Damit waren zwei der damals größten öffentlichen Sammlungen zugänglich und konnten als Grundlage für die Corpusarbeit dienen.

Obwohl Mommsen mittels einer Spende von 28 000 Mark die Arbeit auf das kleinasiatische Gebiet auszudehnen versuchte, um die Umsetzung seiner ursprünglichen Idee von einer Gesamtpublikation der antiken Münzen voranzubringen, ist dieses Unternehmen ein Torso geblieben. Man beschränkte sich zunächst auf die Bearbeitung der nordgriechischen Münzen, um in einem ersten Schritt dieses Gebiet komplett zu erfassen. Hier setzte man an, als man sich 1956 nach rund zehnjähriger Unterbrechung entschloß, das Unternehmen fortzuführen. Zu dieser Zeit war von den fünf nordgriechischen Provinzen nur noch die thrakische Provinz weitgehend zu bearbeiten. Von den insgesamt 42 Münzstätten zuzüglich der umfangreichen Münzprägung der thrakischen Dynasten lagen lediglich drei publiziert vor. Inzwischen sind zehn weitere ediert und einige sowohl von deutscher wie bulgarischer Seite in Arbeit.

 

Weiterführende Veröffentlichungen zur Geschichte des Unternehmens

H. von Fritze, Das Corpus Nummorum, sein Wesen und seine Ziel, nebst einer Besprechung von Band III, 1. in: Klio7, 1907, 1, 1–18

Hans-Markus von Kaenel, "... ein wohl großartiges, aber ausführbares Unternehmen". Theodor Mommsen, Friedrich Imhoof-Blumer und das Corpus Nummorum. in: Klio 73, 1991, 1, 304–314

Hans-Markus von Kaenel, Arbeitsteilung und internationale Kooperation in der antiken Numismatik? Der gescheiterte Versuch, das Corpus Nummorum der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin zu einem internationalen Akademieprojekt zu machen (1901). in: stephanos nomismatikos. Edith Schönert-Geiss zum 65. Geburtstag. Hrsg. Ulrike Peter, Berlin 1998, 321–332

Edith Schönert-Geiß, Zur Wiederaufnahme der Arbeiten am Corpus nummorum. in: Klio 39, 1961, 321-324

Edith Schönert-Geiß, Aufgaben und Ziele des "Griechischen Münzwerkes". in: JWG I, 1983, 159-167

Edith Schönert-Geiß, 100 Jahre "Griechisches Münzwerk". in: Klio 73, 1991, 1, 298-303.

 

Mitarbeiter

Für die Verwirklichung seiner Aufgaben standen dem Unternehmen zunächst nur freie Mitarbeiter zur Verfügung. Seit 1901 existiert bei der Akademie eine hauptamtliche Stelle, zu der 1992 eine zweite hinzukam. In den 60er Jahren wurden mit der Bulgarischen und mit der Rumänischen Akademie der Wissenschaften Verträge über Zusammenarbeit abgeschlossen. Während sich jedoch die rumänischen Kollegen lediglich mit der Bereitstellung ihres Materials begnügen, beteiligen sich die bulgarischen Kollegen aktiv an der Corpusarbeit.

 

Publikationstätigkeit

Die Publikationen des "Griechischen Münzwerkes" trugen anfangs den Leittitel "Die antiken Münzen Nordgriechenlands". Federführend für den Band "Dacien und Moesien" (erschienen 1898 und 1910) waren Behrendt Pick und Kurt Regling, für "Makedonien und Paionien" (erschienen 1912 und 1935) Hugo Gaebler. Behrendt Pick war Direktor des Gothaer, Kurt Regling Mitarbeiter und später Direktor des Berliner Münzkabinetts, Hugo Gaebler dagegen bis zu seinem Ausscheiden aus Altersgründen hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Akademie. Den ersten, 1912 erschienenen Teil von "Thrakien" bearbeitete Max L. Strack als freier Mitarbeiter. Von 1907-1923 erschienen in loser Folge zwölf Bände der Zeitschrift "Nomisma", die als Publikationsorgan für Forschungsergebnisse aus der Corpusarbeit gedacht war.

 

Mit der Wiederaufnahme der Corpusarbeit im Jahre 1956 war aus politischen Gründen ein Wechsel vom Verlag Georg Reimer-de Gruyter zum Akademie-Verlag verbunden, und die folgenden Publikationen erhielten deshalb den Namen der Arbeitsgruppe "Griechisches Münzwerk" als verbindenden Titel, unter dem auch die zukünftigen Veröffentlichungen erscheinen.

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