In vielen bewaffneten Konflikten greifen Akteure nicht nur militärische Ziele an, sondern auch religiöse und kulturelle Stätten. Die Beschädigung und Zerstörung von Kulturgütern ist dabei als Teil von Konfliktstrategien zu begreifen, durch die Akteure sich einen Vorteil im Hinblick auf die von ihnen verfolgten Ziele zu verschaffen suchen. Warum, wie und mit welchem Effekt greifen staatliche und nicht-staatliche Akteure religiöse und kulturelle Stätten an? Der Vortrag beleuchtet zwei Fälle großflächiger Zerstörung von Kulturgütern der jüngeren Zeit in Westasien: die global inszenierten Gewaltakte der „ISIS“-Organisation gegen kulturelle und religiöse Stätten in Syrien und im Irak und die großflächige Zerstörung von kulturellem Erbe in Gaza durch die israelischen Streitkräfte. Im Zentrum des Vortrags von Hanna Pfeifer (Die Junge Akademie / AGYA, Universität Hamburg) steht dabei sowohl die strategische Bedeutung der Zerstörung selbst als auch die Strategien der Sichtbar- und Unsichtbarmachung von Zerstörung: Während „ISIS“ die Zerstörung bewusst für ein globales Publikum inszenierte, versucht die israelische Regierung, die sichtbaren Schäden in Gaza mit Ungewissheit zu belegen und ihre Urheberschaft abzustreiten. Im Rückgriff auf Post-Konflikt-Strategien im Umgang mit Kulturgüterzerstörung fragt der Vortrag schließlich: Wie weiter nach dieser Art von Gewaltanwendung?
Mit Hanna Pfeifer (Die Junge Akademie / AGYA, Universität Hamburg) und Akademiemitglied Michael Zürn (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung). Moderation: Akademiemitglied Anita Traninger (Sprecherin Jahresthema).
Eine Veranstaltungsreihe des Jahresthemas 2025 | 26 „Konflikte lösen!“ der BBAW.
Akademievorlesung „Zerstören, Restituieren, Reparieren“
Diese drei Handlungsfelder kristallisieren vergangene ebenso wie gegenwärtige Konfliktlinien und ihre möglichen Lösungsansätze in der Wissenschaft als auch in der Gesellschaft. Sie bündeln Diskussionen über dominante Erinnerungskulturen und die Entstehung neuer wie auch alternativer Perspektiven. Es rücken damit Fragen der Provenienz der Sammlungen europäischer Museen ebenso in den Fokus wie die Frage nach Möglichkeiten und Wirkungen von Restitution.
Die Akademievorlesung lädt dazu ein, die Praxen von Zerstörung, Restitution und Reparation aus einer kritischen und neuen Perspektive zu betrachten. Darüber hinaus sollen die Konflikte, Auseinandersetzungen sowie mit ihnen einhergehende Lösungsansätze reflektiert werden. Wir interessieren uns für die Ansprüche auf Konfliktlösung, die mit den Verfahren jeweils verbunden werden, aber auch gleichermaßen für die Konflikte, die dadurch an anderer Stelle möglicherweise neu aufbrechen.