Neuer Band der Akademie-Ausgabe: Nachschriften zu Kants Vorlesung über „Physische Geographie“

21.12.2020 | BBAW/PM-19/2020

An der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften werden im Rahmen einer Gesamtausgabe die Schriften Immanuel Kants ediert. In dieser, bereits 1900 begonnenen Akademieausgabe sind nun die gegenwärtig viel diskutierten Vorlesungen über Physische Geographie vollständig ediert worden, die der Philosoph über 40 Jahre lang an der Königsberger Universität gehalten hat. Der jetzt veröffentlichte Band 26.2 enthält wichtige studentische Nachschriften derjenigen Vorlesungen, die Kant zwischen 1770 und 1792 vorgetragen hat. Die Neuerscheinung komplettiert den 2009 vorausgegangenen Teilband 26.1, der Kants eigenes Konzept (1757/59) dieser Vorlesung enthält. Bearbeitet wurden beide im Verlag De Gruyter erschienenen und von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Bände von Werner Stark.

Kant wollte mit seinen Vorlesungen über Physische Geographie über die Naturforschung seiner Zeit orientieren und stellte dazu biologisches, geographisches, mineralogisches und geologisches, aber auch ethnologisches und meteorologisches Wissen zusammen. Dabei integrierte er in seine Vorlesung eine Vielzahl von Beschreibungen ferner Länder und Naturphänomene, die er selbst nicht gesehen hatte und deren Wahrheitsgehalt er in Ostpreußen nicht überprüfen konnte. Besonders prekär wirkt diese referierende Grundstruktur aus heutiger Sicht bei Bemerkungen über menschliche Physiognomien und deren Erklärung. Die Akademie diskutiert gegenwärtig in einer Vorlesungsreihe unter dem Titel „Kant – ein Rassist?“ jene öffentlich debattierten Zusammenhänge.

Die von Studenten gefertigten Manuskripte lassen den wissenschafts- und wissensgeschichtlichen Bezugsrahmen der Vorlesung besser erkennen, als dies anhand von Kants eigenen Publikationen bisher möglich war. Mittels zahlreicher, teils umfangreicher Erläuterungen werden die zeitgenössischen Kontexte in den beiden Bänden dokumentiert, selbstverständlich auch für die Partien, die aus heutiger Sicht äußerst befremdlich wirkende Behauptungen enthalten.

Die Kant-Arbeitsstelle der BBAW in Potsdam bringt im Rahmen des Akademienvorhabens „Neuedition, Revision und Abschluss der Werke Immanuel Kants“ unter der Leitung von Volker Gerhardt und Jacqueline Karl die Akademie-Ausgabe nach über hundert Jahren und rechtzeitig zum dreihundertsten Geburtstag 2024 zum Abschluss: Das unter dem Titel „Opus postumum“ bekannte Nachlasswerk wird neu herausgegeben, in einem Abschlussband der Nachlassabteilung essenzielle Textlücken gefüllt sowie eine separate Ausgabe sämtlicher Vorlesungsnachschriften von Johann Gottfried Herder erarbeitet. Parallel dazu wird in einem DFG-Projekt auch die Abteilung I „Werke“ mit den zentralen philosophischen Veröffentlichungen komplett neu ediert.

Das Akademienvorhaben ist Teil des von Bund und Ländern geförderten Akademienprogramms, das der Erhaltung, Sicherung und Vergegenwärtigung unseres kulturellen Erbes dient. Koordiniert wird das Programm von der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften. 

Zur Vorlesungsreihe „Kant – ein Rassist?“

 

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